Highlights

Die Stadt Freiburg beherbergt vielfache Highlights an öffentlicher Kunst. Manche sind populär und weithin bekannt, an anderen läuft man/frau eher vorbei – oder sie befinden sich gerade nicht an ihrem eigentlichen Standort. Denn das ist oft das Schicksal auch von Kunst-am-Bau: Wenn sie neu aufgestellt ist, bleibt alles gut; aber bald kommen Erhaltungs- und Restaurierungsfragen ins Spiel; oft ändert sich durch Straßen- und Gebäudebau der einst mit eingeplante urbanistische Kontext.
An dieser Stelle präsentieren wir eine kleine Auswahl, subjektiv und nur exemplarisch, dieser allseits geläufigen oder doch allzu leicht vergessenen Highlights.

Homer & Aristoteles am Eingang zum KG I

Am 28. Okt. 1911 wurde das Kollegiengebäude I der Universität eingeweiht. Der Karlsruher Hermann Billing (1867–1946) hatte es entworfen, einer der deutschen Stararchitekten des Jugendstils mit internationaler Ausstrahlung. Von Beginn an war klar, dass am Portal eine künstlerische Arbeit in Auftrag gegeben werden soll – also noch bevor in der Weimarer Republik der erste Regierungs-Erlass zu „Kunst am Bau“ erging (1928). In der Sache nahm die Maßnahme spätere Politik also vorweg. Billing beauftragte den ihm bekannten Bildhauer Cipri Adolf Bermann (1862–1942). Eine Kommission an der Uni wurde installiert, man debattierte verschiedene thematische Alternativen – der Entscheid fiel auf Homer und Aristoteles als die prominentesten antiken Autoren und Platzhalter für die im Gebäude beheimateten Disziplinen.
Die Arbeit wurde 1915 im Münchener Atelier Bermanns fertiggestellt und gegossen, aber erst im Juli 1921 in Freiburg platziert. Denn Billing hatte zuvor angesichts des Ersten Weltkriegs vor einer zu frühen Anlieferung gewarnt – tatsächlich wurde das Portal des KG I 1917 durch einen Bombenangriff zerstört.


Walter Schelenz: Mahnmal für die Opfer des Naziregimes (Rotteckring)

Das ist keine „Kunst-am-Bau“ im engeren Sinne, aber ein wichtiges Denkmal und zudem qualitätvolles Kunstwerk im Freiburger Stadtbild.
Walter Schelenz (1903–1987), der wohl bedeutendste Freiburger Bildhauer der Nachkriegsjahrzehnte wurde beauftragt. Die Enthüllung fand am 8. Mai 1975 (30 Jahre nach Kriegsende!) statt. Die städtische Finanzierung erfolgte „durch Einsparungen für den Winterstreudienst“. Anfangs entstand eine Kontroverse um die Aufstellung, ausgelöst dadurch, dass die Anregung für das Mahnmal vor allem von der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) vorgetragen wurde, die lange Zeit unter „Kommunismus-Verdacht“ stand. Schon in der Nacht nach der Einweihung verunglimpften Neonazis die imposante 370 cm hohe Bronzeplastik mit Aufklebern. Die von dem Künstler Bert Jäger gestaltete Inschrift auf dem „Stamm“, der im oberen Verlauf an eine Dornenkrone erinnert, bezieht neben Opfern auch die Erinnerung an den Widerstand in der NS-Zeit mit ein.
Seit wenigen Jahren ist die Arbeit, der Standort wurde im Zuge der Neugestaltung des Rotteckrings leicht verändert, am Anfang der Rathausgasse platziert, sinnfällig vor dem sog. Rotteck-Haus, in dem das NS-Dokumentationszentrum der Stadt seine Heimat findet.


Horst Antes: Das Freiburger Bild (eingelagert)

Horst Antes (geb. 1936), der berühmte deutsche Künstler, der einst im Bestreben aus der abstrakten Malerei der Nachkriegszeit zum Figurativen zurückzufinden, den „Kopffüßler“ erfand, hat tatsächlich eine – bedeutende – Spur in Freiburg hinterlassen.
An der Gebäude-Rückseite des neuen Werkstätten- und Kulissengebäudes des Stadt-Theaters zur Moltkestraße hin wurde die Arbeit im Mai 1974 angebracht. Die Stadt hatte die Materialkosten finanziert, zunächst blieb das Objekt eine Leihgabe des Künstlers. 1984 wurde der Ankauf von den städtischen Gremien beschlossen, zu leisten in Ratenzahlungen über zehn Jahre. 1995 wich das Bild, kaum war der Preis endgültig beglichen, dem Neubau eines Kinos – und ist seitdem eingelagert.
Das großartige, emblematisch wirkende Kunstwerk besteht aus 106 emaillierten Stahlblech-Tafeln und hat die exorbitanten Ausmaße von 11,70 m in der Höhe und 26,60 m in der Breite. Es handelt sich vermutlich um die größte Arbeit, die Antes jemals geschaffen hat. Angesichts des Formats scheiterten bislang Versuche einer Neuaufstellung. Es gibt indes den dringlichen Wunsch und auch begründete Hoffnung, dass dies bald geschehen mag.


Joachim Schmettau: Mann und Frau (eingelagert)

Es gab einst die alte Uni-Bibliothek, die im April 1978 eröffnet wurde. Dazu führte das Land einen Kunst-Bau-Wettbewerb durch. Der Berliner Künstler Joachim Schmettau (geb. 1937), dessen bekanntestes öffentliches Werk der „Erdkugel-Brunnen“ am Berliner Breitscheidplatz ist (1984), erhielt den Auftrag.
Die einstige UB war davon bestimmt, dass ihr Hauptzugang im 2. Obergeschoss lag, also über den Innenstadtring eine Fußgängerbrücke dorthin geschaffen werden musste. Schmettau schuf das Skulpturenpaar ‚„Mann und Frau‘“ aus weißem Carrara-Marmor – im Kontrast zum grauen Beton-Neubau. Die Frau, kubisch hockend auf der Westseite vor dem KG I, der Mann als 460 cm hohe Säule im Osten direkt am UB-Eingang. Das Konzept war also auf die Brücken-Situation zugeschnitten. Das Menschenbild ist eines der zentralen Themen Schmettaus.
Mit dem Abriss des Gebäudes 2008 / 2009 wurde die Arbeit entfernt. Sie ist seitdem eingelagert. Eine geistreiche Neuaufstellung ist wünschenswert.


Berto Lardera: Heroischer Rhythmus IX (ehemals vor dem KG III)

Der italienische Bildhauer Berto Lardera (1911–1989) aus La Spezia trat seit den 1950er Jahren international aufs Parkett: bei der documenta in Kassel, an der Biennale in Venedig. Für den Neubau des Kollegiengebäudes III gewann er den Wettbewerb. Am 15. März 1969 wurde sein Werk im Innenhof vor dem KG III eingeweiht; eine Präsentation im städtischen Kunstverein mit kleinformatigen Metallplastiken des Künstlers schloss sich an. Die abstrakte Stahlskulptur provozierte Widerspruch, zu Beginn auch bei den Studierenden, die politisch damals dem Sozialistischen Realismus anhingen und insofern Figürliches vornehmlich verstanden: Die Arbeit galt nicht als „politisch“ genug und zu „ästhetisch“. Hingegen war sie in ihrer Allansichtigkeit genau auf diesen Standplatz hin ausgesucht, auf den aus vielerlei Richtung Studierende und Dozenten, Bürger und Touristen regelmäßig zuliefen.
2010 musste die Skulptur weichen, der Ort (jetzt „Platz der Weißen Rose“) wurde umgestaltet, Einlagerung bis 2019 folgte nach. Die Neuaufstellung an der Stefan-Meier-Straße 17 im Institutsviertel ist begrüßenswert, entbehrt aber dort der ursprünglichen Bezugnahme. Das bleibt oft das Dilemma von öffentlicher Kunst.


Tom Brane: Mural bei „Alnatura“ (Kaiser-Joseph-Straße)

Der aus München stammende, seit vielen Jahren in Freiburg ansässige und bekannte Grafitti-Künstler Tom Brane (geb. 1981) hat diese Arbeit in der Innenstadt realisiert.
Es handelt sich nicht um einen klassischen Kunst-am-Bau-Vorgang; vielmehr um eine privatwirtschaftliche Setzung, beauftragt durch die lokale Filiale eines Bio-Markts.
Einige zuvor hässliche graue Wände an der Einfahrt zu Fahrradstellplätzen für die Kunden im Hinterhof galt es zu gestalten. Entstanden sind phantasievolle farbenfrohe Szenen, die die angebotenen Produkte zeigen, vor allem aber die Kommunikation zwischen Verkäuferinnen und Besuchern des Marktes.
Die Ausführung erfolgte 2018.  Brane ist künstlerisch inzwischen national anerkannt und arbeitet weiterhin nicht nur an Beton, sondern längst auch auf Leinwand für den Innenraum. 


Walter Diederichs: „Goldjungen“ am Landratsamt (1989)

Dem erst vor wenigen Wochen verstorbenen Walter Diederichs (1931–2022) sei hier eine Erinnerung gesetzt. Als gelernter Silberschmied, langjähriger Restaurator der Archäologischen Sammlung der Universität, besonders jedoch als eigenständiger Künstler trat er in Erscheinung. Zudem galt er Vielen als die gute Seele des städtischen Atelierhauses Villa Mitscherlich, wo er seit Beginn dieser Einrichtung seinen Ort gefunden hatte. Die bekannteste Arbeit von Diederichs im Öffentlichen Raum sind die „Goldjungen“ oder „Begegnung im Kreis“ im Stadtteil Neuburg, Ergebnis eines Kunst-am-Bau-Wettbewerbs 1988. Sie stehen am Eingang zum Landratsamt, zwei leicht überlebensgroße Bronzefiguren, einander zugedreht, lächelnd, scheinbar untereinander kommunizierend und zugleich die Besucher der Behörde empfangend.
Das nicht unwesentliche Detail am Rande: die beiden Statuen wurden gegossen nach Ganzkörper-Gipsabformungen, die Diederichs an sich selbst vornahm.

   

Olaf Metzel: „Doppelrolle“, 11. Fakultät der Uni (2003)

Hier ist die Mikrosystemtechnik zu Hause – als einer der beiden Teile der (immer noch) irgendwie ‚neuen‘ Fakultät der Universität, neben der Informatik.
Stets entstehen da in den letzten Jahrzehnten Erweiterungsbauten. Technologie, Zukunft und Visionen sind die Themen.
Die „Doppelrolle“ des arrivierten Bildhauers und Objektkünstlers Olaf Metzel (geb. 1953) fand ihren Standort vis-à-vis der Freiburger Messe – Radfahrer und Pkw-Nutzerinnen werden das Werk längst (mindestens aus dem Augenwinkel) registriert haben.
Im Rückblick würde man sagen: Die Aluminium-Skulptur von 8 Meter Höhe hätte im Format durchaus etwas größer ausfallen können, sie ‚verschwindet‘ ein wenig neben den Gebäude-Fronten, ‚bedrängt‘ sie mitnichten. Gleichwohl akzentuiert die Arbeit, mit Drahtseil umwickelt, in ihrer Schrägstellung das ‚Labile‘ und am Ende auch Fragwürdige der modernen Forschung – und kontrastiert zudem gelungen zu den ‚harten‘, rectangularen Kuben der umliegenden Bauten.


Tobias Rehberger: „ … right now, over me”, Fraunhofer IPM (2020)

Zu den neueren Kunst-am-Bau-Highlights in Freiburg zählt die farbenfrohe Lichtinstallation des Künstlers Tobias Rehberger im Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM).
„ … right now, over me“ – das Werk des 1966 in Esslingen am Neckar geborenen Bildhauers besteht aus 65 bunten Kugelleuchten. Diese scheinen auf wundersame Weise miteinander zu kommunizieren: Verteilt im gesamten Gebäude, sind die Kugeln über ein Steuersignal miteinander verbunden. Im Foyer laufen alle Stränge zusammen. Nach und nach gehen die Lichter an. Pünktlich um 10:30 Uhr – zum wissenschaftlichen Austausch bei der täglichen Kaffeerunde beispielsweise – ist das Foyer vielfarbig erleuchtet.
Bei den Kunst-am-Bau-Wettbewerben mit ihren unabhängigen Auswahlverfahren steht immer die Frage im Blick: Wie verhält sich die Kunst zum Bauwerk, zum Ort und den hier anwesenden Menschen? Tobias Rehberger beleuchtet spielerisch diese Verbindung. Das Projekt wurde vom Bundesbau Baden-Württemberg auf dem Campus am Flughafen (Georges-Köhler-Allee 301) realisiert.


Claes Oldenburg – Coosje van Bruggen: Der „Gartenschlauch“ im Eschholzpark (1983)

Eine Harke, ein Rechen, auch der Gartenschlauch sind Gebrauchsgegenstände. Im Format um ein Vielfaches gesteigert, überschreiten sie das Alltägliche – können zu Kunst werden. So jedenfalls beim Künstlerpaar Oldenburg-van Bruggen, international bedeutenden Vertretern der Pop-Art seit den 1960er Jahren. Die Arbeit wurde in Auftrag gegeben im Vorfeld der Freiburger Landesgartenschau (1986), die rund um den Flückiger See innerstädtischen Erholungsraum für angrenzende Stadtteile schuf und künstlerische Setzungen miteinbezog. Das 130 Meter lange Stahlkonstrukt steht im Wegkreuz der Parkanlage. Es birgt zudem eine sozialkritische Note, denn die Künstler sahen darin „eine Art Denkmal für die vom Ort verdrängten Kleingärtner“.